Kriterienkatalog zu den sog. Bonuskriterien "Qualitätsverbesserung des Standortes" und "Qualität und Anzahl von Fahrradabstellanlagen" (barrierefrei)

09.02.2023

Kriterienkatalog zu den sog. Bonuskriterien „Qualitätsverbesserung des
Standortes" und „Qualität und Anzahl von Fahrradabstellanlagen"
(§ 4 Abs. 6 lit. b und c des örtlichen Raumordnungskonzeptes)
(gern. Beschluss des Gemeinderates der Stadtgemeinde Kufstein vom 15.12.2021)


1. Präambel


In § 4 Abs. 6 - 8 sieht das örtliche Raumordnungskonzept der Stadtgemeinde Kufstein (nachfolgend kurz „ÖROK") die Möglichkeit vor, bei Realisierung von sog. Bonuskriterien zu einer höheren Baumassendichte zu gelangen. Zudem werden Vorgaben im Zusammenhang mit einer Nachverdichtung im Bereich bestehenden Baulandes neu festgelegt.

Dazu wurde in § 4 Abs. 6 lit b ÖROK die Förderung der Qualitätsverbesserung von Standorten aufgrund des Klimanotstandes zur Vermeidung von städtischen Hitzeinseln und eine daraus resultierende Überschreitung von 7,5 % der maximalen Baumassendichte gemäß Dichtestufe ermöglicht. Ebenso wurden in § 4 Abs. 7 Vorgaben zur Nachverdichtung und Ausschöpfung eines Ziel-Referenzwertes der Baumassendichte an eine Qualitätsverbesserung des Standortes geknüpft.


Weiters wurde in § 4 Abs. 6 lit c ÖROK die Förderung der Qualität und Anzahl von Fahrradabstellanlagen zur Steigerung des Radverkehrsanteils und Minimierung des verkehrsbedingten C02 Ausstoßes und eine daraus resultierende Überschreitung von 7,5 % der maximalen Baumassendichte gemäß Dichtestufe ermöglicht.


Die konsequente Fortführung des Weges für mehr Energieeffizienz, Ressourcenschutz und Dekarbonisierung, der Erhalt der hohen Qualität der Natur- und Kulturlandschaft sowie der innerstädtischen Kleinstrukturen sind zentrale Aufgaben und Ziele des örtlichen Raumordnungskonzeptes der Stadtgemeinde Kufstein im Zusammenhang mit einer nachhaltigen und ausgewogenen Stadtentwicklung.


Mit der Umsetzung des Bonusmodells und dessen Absicherung in privatrechtlichen Vereinbarungen will die Stadtgemeinde Kufstein zum Ausdruck bringen, dass diese Ziele nicht an den Grundstücksgrenzen zum Privateigentum hin enden.


Nachfolgend sind Maßnahmen angeführt, die exemplarisch für die Inanspruchnahme des Bonussystems zur Qualitätsverbesserung des Standorts sowie zur Förderung der Qualität und der Anzahl von Fahrradabstellanlagen herangezogen werden können. 

Die Absicherung der Maßnahmen für den jeweiligen Standort erfolgt durch privatrechtliche Vereinbarung zwischen dem Grundeigentümer und der Stadtgemeinde Kufstein (vgl. hierzu die Richtlinie für privatrechtliche Vereinbarungen im Rahmen der Raumordnung) sowie - wenn möglich - im Rahmen der Bauverfahren.

II. Kriterien zur Qualitätsverbesserung des Standortes aufgrund des Klimanotstandes
zur Vermeidung von städtischen Hitzeinseln


Für die Gewährung des 7,5 %-Bonus sind 45 der angeführten 90 Punkte zu erreichen. Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, Eigeninitiativen für die Qualitätsverbesserung des Standortes vom Stadtbauamt nach dem Punktesystem bewerten zu lassen.

Zur Qualitätsverbesserung des Standorts können die folgenden Maßnahmen vereinbart werden:

- Baumpflanzungen und Erhaltung von bestehenden Bäumen (max. 25 Punkte) 

Bis zur Erlassung von örtlichen Bauvorschriften durch die Stadt Kufstein gilt als Grundwert für eine Bepflanzung des Grundstückes die Pflanzung und Erhaltung eines mitteloder großkronigen Laubbaumes, Solitär Hochstamm, 3 x verschult, Mindeststammumfang 16118 cm pro angefangener 250 m2 unbebauter Bauplatzfläche.
Für eine Qualitätsverbesserung des Standortes wird die zusätzliche (über den Grundwert hinausgehende) Pflanzung von Laubbäumen wie folgt bewertet:
   Pro zusätzlichem, kleinkronigen Laubbaum                       3 Punkte
   Pro zusätzlichem, mittelkronigen Laubbaum                     5 Punkte
   Pro zusätzlichem, großkronigen Laubbaum                     10 Punkte

Die Erhaltung von bestehenden Bäumen kann im folgenden Ausmaß auf den Grundwert der erforderlichen Bepflanzungen angerechnet werden:
     a) Für Laubbäume, die erhalten bleiben, kann pro angefangenen 40 cm Stammumfang, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung, ein Baum auf den erforderlichen Grundwert angerechnet werden.
     b) Für Nadelbäume, die erhalten bleiben, kann pro angefangenen 60 cm Stammumfang, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung, ein Baum auf den erforderlichen Grundwert angerechnet werden.
     Bei teureren Baumeinfassungen kann die Punkteanzahl je Baum um einen Punkt erhöht werden.
Übersteigt das Ausmaß der erhaltenen Bäume den erforderlichen Grundwert für Bepflanzungen, können erhaltene Bäume wie folgt für die Qualitätsverbesserung bewertet werden:
     Laubbäume, die erhalten bleiben, pro angefangenen 40 cm Stammumfang, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung           5 Punkte
     Nadelbäume, die erhalten bleiben, pro angefangenen 60 cm Stammumfang, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung         3 Punkte

- Reduktion der Bodenversiegelung (max. 20 Punkte)


Bis zur Erlassung von örtlichen Bauvorschriften durch die Stadtgemeinde Kufstein gilt als Grundwert für die Bodenversiegelung ein Versiegelungsgrad von 30 % bei Bauvorhaben der Dichtestufe 1 und 2 und ein Versiegelungsgrad von 40 % bei Bauvorhaben der Dichtestufe 3. Hierfür sind ein Außenanlagenplan und eine Flächenbilanz der versiegelten und unversiegelten Flächen zu erstellen. Darin sind insbesondere darzustellen: bebaute Fläche, befestigte Fläche, versiegelte Fläche, gewachsener Boden sowie Art und Umfang der Dachbegrünung.

Bei der Berechnung fließen Bodenbeläge sowie Dachbegrünungen mit folgenden Versiegelungsgraden in die Flächenbilanz ein:
     a) Grünflächen, Schotterrasen, Rasenwaben über gewachsenem Gelände sind voll versickerungswirksam (Versiegelungsgrad 0%).
     b) Pflastersteine mit aufgeweiteten Fugen, Wassergebundene Decken, Rasengittersteine, Porenpflaster in Kies- bzw. Splittbett sind zur Hälfte als versiegelt zu betrachten (Versiegelungsgrad 50%).
     c) Pflastersteine in Sandbett sind zu zwei Dritteln als versiegelt zu betrachten (Versiegelungsgrad 67%).
     d) Asphalt, Pflastersteine und -platten in Mörtelbett sind zur Gänze als versiegelt zu betrachten (Versiegelungsgrad 100%).
     e) Dachbegrünungen bei einer Stärke der Vegetationsschicht von 8 bis 15 cm: Versiegelungsgrad 60%
     f) Dachbegrünungen bei einer Stärke der Vegetationsschicht von 16 bis 30 cm: Versiegelungsgrad 40%
     g) Dachbegrünungen bei einer Stärke der Vegetationsschicht von 31 bis 50 cm: Versiegelungsgrad 20%

Für eine Qualitätsverbesserung des Standortes wird eine Senkung des Versiegelungsgrades (gegenüber dem Grundwert) wie folgt bewertet:
     Senkung des Versiegelungsgrades um weitere 10%                        10 Punkte
     Senkung des Versiegelungsgrades um weitere 20%                        15 Punkte
     Senkung des Versiegelungsgrades um weitere 30%                        20 Punkte

- Kinderspielplatz (max. 10 Punkte)

Am 2. Juni 2021 beschloss der Gemeinderat eine sog. Spielplatz-Verordnung gemäß § 27 Abs. 2 TBO 2018. Diese regelt das Ausmaß von Spielplätzen bei Wohnanlagen und deren Ge-/Ausgestaltung. Ein Spielplatz mit einer Größe von 5 m2/Wohnung bzw. einer Mindestgröße von 50 m2 (bei Gebäude mit weniger als 1 O Wohnungen) und einer
Mindestbreite von 7 m (in beiden Richtungen) samt einer entsprechenden Ausstattung mit Spielgeräten gilt als Grundwert.


Für eine Qualitätsverbesserung des Standortes wird eine über den Grundwert hinausgehende Gestaltung des Spielplatzes wie folgt bewertet:
     Vergrößerung der Spielplatzfläche um 50% (gemessen vom Grundwert) samt Spielgeräteausstattung                                                                 2,5 Punkte
     Vergrößerung der Spielplatzfläche um 100% (gemessen vom Grundwert) samt Spielgeräteausstattung                                                                  5 Punkte
     Berücksichtigung vielfältiger Nutzungsaspekte (z.B. Angebot für Mädchen und Jungen oder Kleinkinder, Kinder und Jugendliche)          2,5 Punkte
    Berücksichtigung von Spielmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche auch abseits des Spielplatzes
    entlang von Erschließungsflächen, bei Hauseingängen, etc.                                                                                                                                                             2,5 Punkte

- Artenreiche heimische/standortgerechte Hecke (max. 15 Punkte)


Für eine Qualitätsverbesserung des Standortes wird die Erhaltung und Pflanzung einer artenreichen heimischen/standortgerechten Hecke wie folgt bewertet:
     Ausführung an 25% der gesamten Grundgrenze          5 Punkte
     Ausführung an 50% der gesamten Grundgrenze       10 Punkte
     Ausführung an 75% der gesamten Grundgrenze       15 Punkte

- Dachbegrünung (max. 20 Punkte)

Als Maßnahme zur Verbesserung der Durchgrünung kann die Erhaltung und Anlegung einer Dachflächenbegrünung als Ersatz für fehlende bzw. zu geringe Grünflächenanteile über gewachsenem Boden angesehen werden. Die Ausführung einer extensiven Dachbegrünung (Vegetationsschicht 8 bis 15 cm) fließt in die Flächenbilanz für den Versiegelungsgrad ein und wird zusätzlich nicht mehr bewertet.
Eine Dachflächenbegrünung ist sowohl auf Grund des Siedlungsbildes (Ausblick auf begrünte Flächen) als auch wegen der Dämpfung des Wärmeinseleffektes etc. in Bereichen mit verdichteter Bebauungsstruktur von großer Bedeutung.

Für eine Qualitätsverbesserung des Standortes wird eine intensive Dachbegrünung (mit heimischen/standortgerechten, klimatoleranten und insektenfördernden Pflanzenarten) wie folgt bewertet:
     Vegetationsschicht 16 bis 30 cm pro 10% der Dachfläche           2 Punkte
     Vegetationsschicht 31 bis 50 cm pro 10% der Dachfläche           4 Punkte

III. Förderung der Qualität und Anzahl von Fahrradabstellanlagen zur Steigerung des
Radverkehrsanteils und Minimierung des verkehrsbedingten C02.Ausstoßes


Bis zur Erlassung einer Fahrradabstellverordnung durch die Stadt Kufstein gemäß § 11 TBO 2018 gilt als Grundwert für die Qualität und Anzahl von Fahrradabstellplätzen § 12 Abs. 3 TBO 2018 (mindestens zwei Fahrräder pro Wohneinheit bei Wohnanlagen, in von außen ebenerdig oder über eine Rampe zugänglichen Räumen; dies gilt bei Neubau und Änderung des Verwendungszweckes von Wohnanlagen mit mehr als 6 Wohnungen). Ergänzend zu diesen Festlegungen des § 12 Abs. 3 TBO 2018 können zur Förderung der Qualität und Anzahl von Fahrradabstellanlagen und damit zur Fahrradfreundlichkeit des Standorts die nachstehenden Maßnahmen vereinbart werden.

Für die Gewährung des 7,5 %-Bonus sind 40 der angeführten 80 Punkte zu erreichen.
- Größe und Anzahl der Fahrradabstellplätze (30 Punkte)
     Für eine Verbesserung der Qualität der Fahrradabstellanlage müssen nachstehende Flächengrößen je Fahrradabstellpatz sowie Breite der Zugangsflächen gegeben sein:
          2 m2 pro Fahrradabstellplatz in eigens für Fahrradabstellanlagen vorgesehenen absperrbaren Räumen.
          1,5 m2 pro Fahrradabstellplatz entlang von Erschließungsflächen
          Bei der Errichtung von Fahrradständern mit dem Prädikat ,.ADFC-empfohlene Qualität" kann bei Hoch-/Tief-Stellung bzw. bei Vorderradüberlappung unter Vorlage eines Detailprojektes               für die Fahrradabstellanlagen eine Anpassung vorangeführter Flächengrößen erfolgen.
          Die notwendigen Zugangsflächen mit Ausnahme von Türen müssen eine Breite von mindestens 1,30 m aufweisen.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           15 Punkte
     Für eine Verbesserung der Anzahl der Fahrradabstellplätze (gegenüber der in der TBO 2018 für Wohnanlagen vorgesehenen Mindestanzahl von 2 Abstellplätzen je Wohnung) muss
     entsprechend der Wohnungsgröße nachstehende Anzahl von Abstellplätzen gegeben sein:
          2 Abstellplätze je Wohnung bis zu 60 m2 Wohnnutzfläche
          3 Abstellplätze für Wohnungen zwischen 61 m2 und 80 m2 Wohnnutzfläche
          4 Abstellplätze je Wohnung zwischen 81 m2 und 110 m2 Wohnnutzfläche
          5 Abstellplätze je Wohnung größer 110 m2 Wohnnutzfläche
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            15 Punkte
Bei Wohnanlagen gern. TBO (Gebäude mit mehr als 6 Wohnungen), die ausschließlich aus Wohnungen mit bis zu 60 m2 Wohnnutzfläche bestehen, können die angeführten 15 Punkte dann gewährt werden, wenn die Anzahl von 2 Abstellplätzen je Wohnung um 25 % überschritten wird (Sicherstellung des Überschreitens der Pflichtabstellplätze gern. TBO zur Erreichung eines Bonus).


- Ausgestaltung der zu schaffenden Fahrradabstellplätze (max. 20 Punkte)


     Dieses Kriterium zur Qualitätsverbesserung von Fahrradabstellanlagen gilt als erreicht,
          wenn 90% der nach diesem Kriterienkatalog ermittelten (somit über den Grundwert hinausgehenden) Fahrradabstellplätze in absperrbaren, von außen ebenerdig oder über eine Rampe
          zugänglichen und beleuchteten Räumen untergebracht sind                                                                  15 Punkte
          die übrigen 10% für Besucher in frei zugänglicher Form errichtet werden.                                          5 Punkte

Stellplätze und -flächen für Fahrräder, die nicht in verschließbaren Räumen untergebracht sind, sondern in frei zugänglicher Form errichtet werden, müssen dabei so ausgestaltet sein, dass der Fahrradrahmen mit einem geeigneten Fahrradschloss an eine fest verankerte Vorrichtung angeschlossen werden kann.


- Bessere Erreichbarkeit der Fahrradabstellplätze (max. 20 Punkte)


     Dieses Kriterium zur Qualitätsverbesserung von Fahrradabstellanlagen ist erfüllt, wenn zur besseren Erreichbarkeit die Fahrradabstellplätze direkt im Eingangsbereich der Anlage, ebenerdig und außen erreichbar situiert sind und absperrbar sowie überdeckt errichtet werden. Die Qualitätsverbesserung ist wie folgt zu bewerten:
          Ausführung von 33% der gesamten Stellplätze               10 Punkte
          Ausführung von 66% der gesamten Stellplätze               15 Punkte
          Ausführung von 100% der gesamten Stellplätze            20 Punkte

- Ladepunkte und Leitungsinfrastruktur für Elektrofahrräder (max. 10 Punkte)


     Dieses Kriterium zur Qualitätsverbesserung von Fahrradabstellanlagen ist erfüllt, wenn
          für jede angefangene 10. Abstellmöglichkeit zumindes ein Ladepunkt für Elektrofahrräder gegeben ist                                                                                                                             5 Punkte
          für jede angefangene 5. Abstellmöglichkeit die nachträgliche Errichtung von Ladepunkten durch eine vorhandene Leitungsinfrastruktur möglich ist.                               5 Punkte

Diese Leitungsinfrastruktur hat dabei aus Leerverrohrungen oder Kabelkanäle für Elektrokabel, Platzreserven für Stromzähler, Stromverteilung und dergleichen zu bestehen.


IV. Allgemeines
Diesem Kriterienkatalog liegt der Beschluss des Gemeinderates vom 15.12.2021 zugrunde.


Für den Gemeinderat :
Der Bürgermeister:

Mag. Martin Krumschnabel